Klaus Müller arbeitet seit mehreren Jahren als Bankkaufmann. Auf dem Heimweg wird er unverschuldet von einem Auto erfasst und erleidet eine Paraplegie. Nach der Erstrehabilitation kann Herr Müller im Teilzeitpensum in seine Tätigkeit zurückkehren. Zudem erhält er vorerst Taggelder und später Teilrenten der Invaliden- und Unfallversicherung sowie von der Unfallversicherung eine Hilflosen- und Integritätsentschädigung.
Vor dem Unfall hat Herr Müller ein Invaliditätskapital versichert, welches ihm nun ausbezahlt wird. Als Mitglied der Schweizer Paraplegiker-Stiftung erhält er zudem die Gönnerentschädigung. Nach längeren Verhandlungen richtet die Haftpflichtversicherung des verantwortlichen Fahrzeugführers eine Kapitalabfindung aus, welche einerseits das aufgrund des Unfalls entgangene Einkommen ersetzt und andererseits invaliditätsbedingte Mehraufwendungen abdeckt. Sie enthält ausserdem eine Genugtuungssumme.
Für die von der Ehefrau Anna Müller übernommenen Pflegeleistungen zuhause zahlt die Unfallversicherung zudem eine monatliche Entschädigung aus.
Beim Ausfüllen der jährlichen Steuererklärung fragt sich Herr Müller, welche der vorgenannten Leistungen zu versteuern sind und welche nicht. Er wendet sich damit an das Institut für Rechtsberatung der SPV.
Renteneinkommen/Hilflosenentschädigung
Taggelder und Renteneinkommen sind als Einkommensersatz zu 100 % steuerbar. Diese Einkünfte unterliegen zusammen mit dem Erwerbseinkommen von Herrn Müller der Einkommenssteuer. In Abzug gebracht werden können die behinderungsbedingten Kosten, soweit der Steuerpflichtige diese selbst trägt, beispielsweise behinderungsbedingte Mehrauslagen bei der Fortbewegung, Auslagen für selbstbezahlte Hilfsmittel usw.
Die Hilflosenentschädigung unterliegt nicht der Einkommenssteuer, weil sie einen Kostenersatz darstellt. Dasselbe gilt für Kostenbeiträge der IV an medizinische und berufliche Eingliederungsmassnahmen.
Invaliditätskapital/Gönnerentschädigung der SPS
Das Invaliditätskapital, welches Herr Müller von seiner Krankenversicherung erhält, unterliegt wie andere Kapitalleistungen aus Vorsorge bei seiner Auszahlung einer einmaligen Besteuerung zu einem gesonderten Tarif. Soweit das Kapital in der Folge erhalten bleibt, wird es Bestandteil des steuerbaren Vermögens.
Dasselbe gilt für die Gönnerentschädigung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung. Da der Gönner, welcher eine Querschnittlähmung erleidet, aufgrund der vorgängigen Bezahlung des Gönnerbeitrages einen Anspruch auf Ausrichtung dieser Entschädigung hat, wird die Gönnerentschädigung steuerrechtlich als Leistung aus einer Versicherung qualifiziert und entsprechend steuerlich gleichbehandelt wie das vorerwähnte Invaliditätskapital.
Integritätsentschädigung der Unfallversicherung
Die Integritätsentschädigung der Unfallversicherung hat Genugtuungscharakter und unterliegt keiner separaten Besteuerung. Sie wird aber in der Folge als Vermögen des Steuerpflichtigen besteuert.
Leistungen der Haftpflichtversicherung
Soweit die Leistungen der Haftpflichtversicherung invaliditätsbedingte Mehraufwendungen entgelten, unterliegen sie nicht der Einkommenssteuer. Ebenfalls von der Einkommenssteuer ausgenommen ist die Genugtuung. Hingegen werden Leistungen, welche einen Einkommensausfall abgelten, einer gesonderten Einmalbesteuerung unterworfen. Bedauerlicherweise können diese steuerlichen Folgen gemäss Bundesgerichtspraxis bei der Berechnung des durch die Haftpflichtversicherung oder den Haftpflichtigen zu bezahlenden Schadenersatzes nicht aufgerechnet werden.
Wehrpflichtersatzabgabe
Wer eine Rente oder eine Hilflosenentschädigung der Eidgenössischen Invalidenversicherung oder der Unfallversicherung bezieht, ist von der Bezahlung einer Wehrpflichtersatzabgabe befreit.
Pflegebeiträge
Die Entschädigung der Unfallversicherung für die Pflegeleistungen von Frau Müller gilt beim Ehepaar Müller als steuerpflichtiges Einkommen. Herr Müller könnte die Entschädigung grundsätzlich als behinderungsbedingte Kosten abziehen, sofern er sie an die Ehefrau ausbezahlt. Damit wäre der Vorgang für Herrn Müller steuerlich neutral, da er denselben Betrag als behinderungsbedingte Kosten abziehen kann, den er versteuert. Bei Frau Müller handelt es sich jedoch um steuerpflichtiges Einkommen ohne Abzugsmöglichkeit. Da das Ehepaar Müller gemeinsam veranlagt wird, ist die Entschädigung dementsprechend steuerlich nicht neutral.
(Von Mirjam Schneider, Rechtsanwältin, Paracontact 1/2025)