Peerberatung unterstützt bei Überforderung 

Er glaubte, leistungsfähig zu sein wie ein Fussgänger, mutete sich aber zu viel zu: Nils Eisele war ausgebrannt, zog professionelle Hilfe der Peerberatung bei – und schloss ein halbes Jahr später seine Lehre als Hochbauzeichner mit Erfolg ab.

Es ist ein tragischer Unfall, der Nils Eisele zum Tetraplegiker macht – und ihn zwingt, sein Leben ganz neu zu ordnen. Die Ausbildung zum Zimmermann, die er eben erst begonnen hat, muss er abbrechen. Was nun? Während seiner langen Rehabilitation beschäftigt er sich auch intensiv mit der Frage, was aus ihm werden soll, welche beruflichen Optionen bleiben.

Baugeschäft
Architektur interessiert ihn, und er hat das Glück, dass er in Winterthur ein Unternehmen findet, das ihm eine Lehrstelle als Hochbauzeichner anbietet. Nils bekommt mit dem Geschäftsführer Markus Bellwald einen Chef, der ihm Türen öffnet. Und er wird Teil eines Teams, das anpackt, als noch kein Treppenlift zum Büro eingebaut ist. Die Kolleginnen und Kollegen tragen Nils am Morgen in den zweiten Stock und am Abend wieder herunter.

Nils Eisele im Gespräch mit seinem Vorgesetzten Markus Bellwald

Hohe Ansprüche
Nils ist ein gewissenhafter, ehrgeiziger Lehrling, der hohe Ansprüche an sich selber stellt. Er glaubt, dass er gleich viel zu leisten hat wie ein Fussgänger. Die Signale des Körpers überhört er, er sagt sich: «Das gehört dazu.»

Er beisst. Kämpft. Und muss sich oft abmelden, weil er sich im Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) in Nottwil behandeln lassen muss. Er fehlt am Arbeitsplatz und in der Schule. Dazu kommt, dass er sein Elternhaus verlässt, erstmals in eine eigene Wohnung zieht und merkt, was das bedeutet: noch mehr Arbeit. Einkaufen, waschen, kochen – der Stress nimmt zu.

Peerberater Beat Bösch unterstützt Nils Eisele

Hilfe annehmen
Nils stösst an Grenzen. Er leidet. Und schlägt Alarm. Ende 2021 ist er leer, ausgebrannt, er nimmt psychologische Hilfe in Anspruch. Dazu zieht er Reto Eith von der ParaWork bei. Ebenfalls steht ihm Beat Bösch zur Seite. Der passionierte Sportler arbeitet als Peerberater bei der Schweizer Paraplegiker-Vereinigung. Von ihm holt sich Nils zahlreiche Tipps für den Alltag.

Lehrabschlussnote: 5,1
Die Konsequenz: Nils reduziert sein Arbeitspensum sukzessive. Es geht körperlich und psychisch aufwärts – und im Sommer schliesst er die Ausbildung als Hochbauzeichner mit der Note 5,1 ab. Er hat in der Lehre eine weitere Lehre absolviert: Er muss die Signale seines Körpers wahrnehmen.

Nach den Abschlussprüfungen gönnt er sich erst einmal ein paar Wochen Ferien. Jetzt hat er auch mehr Zeit für den Austausch mit Beat Bösch. Ob Haushaltsführung, Mobilität oder Freizeit – Nils Eisele profitiert von der Erfahrung des Peerberaters.

Nun geht die Geschichte von Nils im Architekturbüro in Winterthur weiter. Er erhält eine Praktikumsstelle, die bis Ende 2023 befristet ist. Das Pensum: 50 Prozent.