«Glenda hebt alles auf, was mir zu Boden fällt. Sie kann Türen öffnen und hilft mir, die Jacke auszuziehen. Das ist als Tetra ganz praktisch», erzählt Pascal Repond. Glenda ist nicht etwa die Haushaltshilfe, sondern die Assistenzhündin von Pascal Repond. Hört man dem 51-Jährigen zu, spürt man viel Zuneigung. Glenda ist weit mehr als «nur» nützlich. «Glenda und ich sind ein Team», schwärmt Pascal Repond. «Ich werde ganz anders wahrgenommen, komme leichter ins Gespräch mit Passanten und wenn ich sie nicht dabei habe, fragen mich die Leute: Wo ist Glenda?»
Simone Ruscher unterstreicht diesen Aspekt: «Bei einem Assistenzhund stehen für mich die sozialen Vorteile im Zentrum. Man bekommt einen besten Freund und entdeckt gemeinsam die Welt.»
Simone Ruscher ist eine der zwei Assistenzhundeinstruktorinnen, die sich bei der Stiftung Schweizerische Schule für Blindenführhunde in Allschwil BL um das Training der Assistenzhunde und die Begleitung der Assistenzhundehaltenden kümmert. Der Name der Stiftung legt es nahe, das Hauptaugenmerk liegt auf Blindenführhunden. Ausgebildet werden aber auch Assistenzhunde, Autismusbegleithunde sowie Sozialhunde. Welcher der selbst gezüchteten Hunde sich wofür eignet, entscheidet sich oft erst nach der Pubertät, wenn die Hunde etwa einjährig sind.
Ab dem Alter von 18 Monaten werden die Hunde gezielt ausgebildet. Unzählige kleine Schritte und Übungen in diversen Trainingsumgebungen sind nötig, bis alle Befehle sitzen. Sechs bis neun Monate intensives Training nimmt das in Anspruch.
Das perfekte Duo
Noch während sich der Hund in Ausbildung befindet, beginnen die Überlegungen, zu wem der Hund passen könnte. «Das ist die Königsdisziplin, den perfekten Match zu finden», lacht Simone Ruscher. Jeder Hund hat ein Persönlichkeitsprofil. Und auch jeder Anwärter hat eines. Es klingt ein bisschen wie beim Online-Dating. Der grosse Erfahrungsschatz hilft dem Team aus Allschwil. Und ein gegenseitiges, fundiertes Kennenlernen ist auschlaggebend, dass sich Mensch und Tier finden. Wer sich für einen Assistenzhund interessiert, füllt einen Fragebogen aus und besucht den Stiftungssitz in Allschwil.
Wer sich nach diesem Austausch immer noch für einen Assistenzhund interessiert, bekommt Besuch von Simone Ruscher oder ihrer Kollegin – und natürlich einem Hund. «Wir schauen uns die Situation vor Ort an. Wie funktionieren die Türen? Gibt es einen Treppenlift und was macht der für Geräusche? Jeder Hund reagiert anders auf solche Gegebenheiten.» Die Ausbilderin dokumentiert mit Fotos, was sie vorfindet und klärt, welche Gegenstände der Hund beim Namen kennen muss. Natürlich geht das Trio auch auf einen ersten gemeinsamen Spaziergang. Im Idealfall ist das der Beginn einer neuen Freundschaft.
Es folgen viele weitere Besuche, zwischen denen die Ausbildung des Hundes weiterläuft, ausgerichtet nach den spezifischen Anforderungen der Anwärterin. Wegweisend ist der sogenannte Infokurs. An zwei Tagen taucht die Ausbilderin mit einem Hund, der potenziell infrage kommt, in den Alltag des künftigen Halters ein. «Wir versuchen einen Tagesablauf eins zu eins durchzuspielen. Wer geht früh morgens mit dem Hund raus und auf welche Runde? Wo schläft der Hund? Wann sind welche Hilfestellungen angezeigt? Wann hat der Hund welches Bedürfnis?», erläutert Simone Ruscher. Ein wertvoller Aha-Moment vor allem für jene, die noch nie einen Hund hielten. Denn Hundeerfahrung ist keine Voraussetzung.
Ein verlässliches Netzwerk
Die sorgfältige Abklärung braucht Zeit, und so können von einer ersten Interessensbekundung bis zum eigenen Assistenzhund schon ein bis zwei Jahre vergehen. «Es gibt Personen, die rufen schon aus der Erstreha an, sie hätten gern einen Assistenzhund. Ihnen schlagen wir vor, doch erstmal den Klinikaustritt abzuwarten und sich an den neuen Alltag im Rollstuhl zu gewöhnen. Ein Hund sollte in ein stabiles Umfeld kommen.»
Ein stabiles Umfeld bedeutet auch, dass der Rollstuhlfahrer oder die Rollstuhlfahrerin mindestens drei verlässliche Personen im Umfeld haben muss, die sich verpflichten, in der Hundehaltung zu unterstützen. «Es muss klar sein, wer mit dem Hund rausgeht, wenn es geschneit hat und der Elektrorollstuhl stecken bleibt oder die Hundehalterin für mehrere Tage ins Spital muss», sagt Simone Ruscher.
Im Alter von zehn bis elf Jahren gehen Assistenzhunde in Pension. Aufgaben, die die Wirbelsäule stark belasten, sollten sie unterlassen, um Überlastungen zu vermeiden. «Gut die Hälfte der Halter entscheidet sich, den Hund zu behalten, auch wenn er nicht mehr alles machen kann», sagt Simone Ruscher. Andere Hunde wechseln für den Lebensabend in eine sorgfältig ausgewählte Pflegefamilie.
Ausbilder von Assistenzhunden
Die Stiftung Schweizerische Schule für Blindenführhunde sowie die Stiftung «Le Copain» bilden Assistenzhunde aus und geben diese kostenlos ab. Die Hunde bleiben in Besitz der jeweiligen Stiftung.
(von Nadja Venetz, Paracontact 1/2025)