Der Bedarf an Wohnraum, der nicht nur bezahlbar ist, sondern auch den Bedürfnissen von Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen gerecht wird, wird immer deutlicher: Nach Schätzungen des Bundesamtes für Statistik leben in der Schweiz mehr als 1,7 Millionen Menschen mit körperlichen Einschränkungen, hinzu kommen 1,6 Millionen Menschen über 65 Jahre. Hinter diesen Zahlen stehen Menschen und ihre Familien und Freunde, die aus verschiedenen Gründen eine hindernisfreie und anpassbare Wohnung benötigen.
Dieser Bedarf kann nicht durch den Bau eines kleinen Prozentsatzes von Spezialwohnungen gedeckt werden, sondern nur, wenn möglichst alle Wohnungen so geplant, gebaut und renoviert werden, dass Menschen mit körperlichen Einschränkungen darin leben und sie besuchen können – kurz: die konsequente Anwendung des Konzepts des hindernisfrei – anpassbaren Wohnungsbaus als neuer Standard im Wohnungsbau.
Eine weitere Richtlinie, die den Bau von preiswerten Wohnungen erschwert?
Ganz und gar nicht – im Gegenteil. Wohnungen, die nach der Richtlinie des hindernisfrei – anpassbaren Wohnungsbaus geplant oder saniert werden, sind «normale» Wohnungen, die dem heutigen Standard entsprechen. Werden bestimmte Proportionen, Masse und einige Kriterien berücksichtigt, haben die Wohnungen bereits eine hindernisfreie Grundausstattung, die jederzeit einfach und kostengünstig für Menschen mit besonderen Bedürfnissen angepasst werden kann. Die Dimensionen orientieren sich an einer Person im Rollstuhl – d.h. die Erschliessungsflächen, Raumproportionen und Durchgänge sorgen dafür, dass Menschen im Rollstuhl diese Räume erreichen und nutzen können. Gleichzeitig bieten diese wohlproportionierten Wohnungen mit durchdachten Raumbeziehungen Vorteile für alle!
Was aber ist der Unterschied zur SIA 500?
Die Richtlinie deckt die grundlegenden Anforderungen der Norm SIA 500 ab, zumal ihre Erstauflage als Grundlage für die Ausarbeitung der Norm diente. Gerade für die tägliche Arbeit im Architekturbüro ist die überarbeitete Richtlinie praktikabler, sprich klar gegliedert und gut lesbar. Begleitet von Anwendungsskizzen trägt sie auch der aktuellen Praxis Rechnung, bestehende Wohnungen anzupassen, anstatt sie abzureissen. Ausserdem macht sie deutlich, wo es sich lohnt, über die Minimalanforderungen der heutigen SIA-Norm hinauszugehen, um die Vorteile des hindernisfrei – anpassbaren Wohnkonzepts besser nutzen zu können.
Wer steckt dahinter?
Die Richtlinie wurde von der Schweizer Fachstelle für hindernisfreie Architektur entwickelt - dem 1981 gegründeten nationalen Kompetenzzentrum, das die wichtigsten Grundlagen im Bereich des hindernisfreien Bauens erforscht, erarbeitet und publiziert. So auch die Richtlinie «Wohnungsbau hindernisfrei – anpassbar», die 1992 erstmals veröffentlicht wurde.
Die Neuauflage ersetzt die Erstauflage von 1992 und ist in deutscher, französischer und italienischer Sprache erhältlich. Sie kann als Druckausgabe direkt bei der Schweizer Fachstelle bestellt werden und steht online zum Download zur Verfügung.
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